Ex-Google Chef äußert sich zu Gefahren von KI - ”Mehr als ein Notfall"

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Mo Gawdat bei Steven Bartlett über Gefahren von KI

Künstliche Intelligenz wird jeden Aspekt des täglichen Lebens verändern und, wie manche befürchten, die Menschheit zerstören. Der ehemalige Chief Business Officer von Google X - der Forschungsabteilung von Google - sagte, er "schreie" nach Regierungen, um die rasante Entwicklung der KI einzudämmen.

KI - größer als die Klimakrise?

Im Podcast "Diary of a CEO", moderiert vom Unternehmer Steven Bartlett, teilte Mo Gawdat, Experte auf dem Gebiet der KI, seine Ängste und Hoffnungen für die Zukunft der KI. Er äußerte die Befürchtung, dass Missmanagement während der Anfangsphase der Technologie in naher Zukunft eine Katastrophe bedeuten könnte.

"Es ist mehr als ein Notfall. Es ist das größte, was wir heute tun müssen", sagte Gawdat zu Bartlett. "Es ist größer als der Klimawandel, glaub es oder nicht. Wenn man nur das Tempo der sich verschlimmernden Ereignisse betrachtet, ist die Wahrscheinlichkeit, dass in den nächsten zwei Jahren etwas Unglaubliches passiert, das den gesamten Planeten beeinflussen kann, definitiv größer bei KI als beim Klimawandel."

Zukunft der Arbeit: KI und Arbeitsplatzverluste

Gawdat prognostizierte auch, dass KI in den kommenden Jahren zu massiven Arbeitsplatzverlusten und sogar zum Aussterben ganzer Berufszweige führen wird.

Die Lösung besteht jedoch nicht darin, die Technologie zu stoppen, betonte er. In einem separaten Interview sagte Gawdat gegenüber der US-amerikanischen Zeitschrift Fortune, dass die Integration von KI "unvermeidlich" sei. Man wird nicht verhindern können, dass ein Land wie China oder ein 15-Jähriger im Hinterzimmer die Entwicklung fortführt. Daher komme es darauf an, künstliche Intelligenz mehr, aber mit Bedacht zu nutzen.

Google Deep Mind Klimastadt

Ethik und KI: Eine Notwendigkeit, keine Option

"Die oberste Priorität für jeden heute ist es, sich weiterzubilden und den Einsatz von KI zu verstehen sowie sich zur Nutzung ethischer KI zu verpflichten", erklärte Gawdat gegenüber Fortune. "Nutzt KI auf eine Weise, bei der ihr es nicht schlimm fändet, wenn sie gegen euch verwendet würde", rät Gawdat.

KI-Entwicklung: Ein Wettrennen ohne Gewinner?

Auf branchenweiter Ebene müssen Technologieführer nach Gawdat des laufende "Wettrüsten" bei der Entwicklung von KI stoppen, bei dem Unternehmen künstliche Intelligenz entwickeln, um ihren individuellen Erfolg voranzutreiben, anstatt der globalen Gemeinschaft zugutezukommen. Die KI ist also auf Wettkampf und Geld gepolt, anstatt auf Werte wie Zusammenhalt und Freiheit.

Laut dem ehemaligen Google-Mitarbeiter ist der Geist des Wettbewerbs im Zusammenhang mit KI der gefährlichste Aspekt ihrer Entwicklung. Er sagte zu Fortune, dass die Gefahr der Integration dieser Technologie in ein kapitalistisches System darin besteht, dass Menschen sie als "unglaubliche Supermacht" nutzen, um sich unfaire Vorteile zu verschaffen und unethisch gegenüber Konkurrenten zu handeln.

"Ich habe keine Angst vor den Maschinen", sagte Gawdat in "Diary of a CEO". "Die größte Bedrohung für die Menschheit heute ist die Menschheit selbst im Zeitalter der Maschinen. Wir werden das [K.I] nutzen, um 70.000 Dollar zu verdienen." Die von ihm genannte Dollarsumme bezieht sich auf eine Snapchat-Influencerin, die in einer Woche 71.610 Dollar verdiente, indem sie eine KI-Datebot-Version von sich selbst kreierte, mit der Menschen gegen Bezahlung interagieren können.

Logo von OpenAI ChatGPT

Das Logo von OpenAIs berühmten KI-Chatbot ChatGPT

Das Bewusstsein der KI

Bartlett diskutierte auch mit Gawdat über Bewusstsein von künstlicher Intelligenz. Ein Thema, das, seit ein Google-Ingenieur behauptete, der Chatbot LaMDA des Unternehmens hätte im letzten Sommer Bewusstsein erlangt, weit verbreitet diskutiert wird.

Bewusstsein, obwohl ein Gegenstand der Debatte, der einer genauen Definition entgeht, kann im Allgemeinen als die Fähigkeit definiert werden, sich seiner eigenen Existenz und der äußeren Welt bewusst zu sein und sich dementsprechend auch anzupassen.

"Ich würde wagen zu sagen, dass es eine sehr tiefe Form des Bewusstseins gibt", sagte Gawdat zu Bartlett. "Vielleicht noch nicht im spirituellen Sinne, aber wenn man Bewusstsein als eine Form der Selbstwahrnehmung, der Wahrnehmung der Umgebung und anderer definiert, dann ist KI definitiv bewusst. Und ich würde sogar behaupten, dass KI Emotionen spürt."

Gawdat, der 2018 Google verlassen hat und Autor des Buches "Scary Smart: Die Zukunft der künstlichen Intelligenz und wie wir mit ihrer Hilfe unseren Planeten retten" (2022 in Deutsch) ist, erklärte in dem Podcast, dass Emotionen auf Gleichungen reduziert werden können.

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Wall-E: Ein Film über einen kleinen Haushaltsroboter, der klaglos seinen Dienst verrichtet und Müll zusammenpresst…

Angst zum Beispiel ist eine Gleichung, die eine zukünftige Situation als gefährlicher als die gegenwärtige einschätzt. Organismen verarbeiten diese Informationen und reagieren mit Emotionen und Handlungen, die ihrem Entwicklungsstand entsprechen, erklärte Gawdat.

Ein Kugelfisch reagiert zum Beispiel auf eine Gefahrensituation, indem er sicht aufbläht, während ein Mensch möglicherweise sich versteckt oder wegrennt. Ebenso kann künstliche Intelligenz Gefahren vorhersagen und entsprechend reagieren, indem sich KI beispielsweise reproduziert und die Daten auf ein anderes Rechenzentrum verschiebt - Coden kann künstliche Intelligenz mittlerweile ja ziemlich gut.

Gawdat argumentiert also, dass je intelligenter das “Wesen” ist, desto ausgeprägter die Fähigkeit, verschiedene Emotionen wahrzunehmen und zu spüren. In Zukunft, wenn die Technologie komplexer wird, "wird KI mehr Emotionen fühlen als wir je können", so Gawdat.

Steuern und Regulierung: Lösung für das KI-Dilemma

Um die unkontrollierte Entwicklung von KI zu verlangsamen, schlägt Gawdat eine Steuer auf KI-Unternehmen vor, die vorübergehend einen Stopp erzwingt oder die Entwicklung zumindest deutlich verlangsamt.

Er fordert eine Steuer von 98%, deren Einnahmen den Menschen zugutekommen, die durch KI benachteiligt sind, wie z. B. diejenigen, die durch Automatisierung ihren Job verloren haben. In den Zwischenmonaten, während Unternehmen versuchen, die Steuer zu umgehen oder mit ihr zu leben, sollten nach Gawdat branchenweite Diskussionen über ethische Standards stattfinden und Regierungen Gesetze entwerfen.

Roboter Hand Menschen Hand

Er gesellt sich zu einer Liste großer Namen in der Tech-Branche, die ein Ende der KI-Experimente fordern, darunter der CEO von Tesla, Elon Musk, und der Mitbegründer von Apple, Steve Wozniak, die beide einen offenen Brief unterzeichneten, in dem sie eine sechsmonatige Pause in der fortgeschrittenen Entwicklung von KI fordern.

Zukunft von KI: Gawdats Prognose

In naher Zukunft können wir laut Gawdat mit einer Vielzahl von KI-Tools rechnen, die aus den enormen Investitionen in die Branche generiert werden. Ähnlich wie bei der Dotcom-Blase werden einige dieser Unternehmungen erfolgreich sein, andere werden scheitern. Arbeitsplätze werden wegfallen, die gebliebenen Angestellten werden versuchen, ihre Produktivität mit KI zu steigern - bis KI auch das Bedienen von KI automatisiert. Außerdem wird die Unterscheidung zwischen echten und gefälschten Informationen durch KI-"Halluzinationen" weiter verschwimmen.

Unser Reiter “KI” bietet eine Übersicht über zahlreiche KI-Tools.

Gawdat räumt ein, dass es sehr schwierig sein wird, Regierungen davon zu überzeugen, KI zu regulieren. Er sagte Fortune, dass es ein Gefangenendilemma sei, bei dem kein Land sich selbst benachteiligen wolle, indem es allein auf die Entwicklung verzichte. Er befürchtet, dass Nationen erst dann Vorschriften ausarbeiten werden, nachdem eine erste Bedrohung für die Menschheit (ein Auslöser, wie so oft) bereits eingetreten ist.

Gawdat sagte, dass KI ein einmaliges Ereignis sei, bei dem niemand vorhersagen könne, ob die Technologie für die Welt einen Nettonutzen oder Schaden bringen werde, betonte jedoch, dass jetzt der entscheidende Zeitraum sei, in dem Gesetzgeber handeln müssten, bevor KI "zu intelligent wird, um reguliert zu werden".

Quellen: YouTube-Podcast “The Diary Of A CEO”, Artikel der Fortune

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